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Experimentelle Planung – neue Möglichkeitsräume – werk, edition

Vorwort: Den Faktor Zeit innovativ nutzen

Ludovica MoloPublikation bestellen

Wie kann man neue Lösungen für den öffentlichen Raum testen, damit sie von der Gesellschaft akzeptiert werden? Wie lassen sich temporäre Nutzungen für Gebäude finden, die für eine zukünftige Umgestaltung vor- gesehen sind? Wie lassen sich Strategien für Gebiete entwickeln, deren Bestimmung wir noch nicht kennen?
Dies könnten die Ziele einer experimentellen Planung sein: Den Faktor Zeit innovativ  nutzen;  heute  testen,  was  morgen  endgültig  werden  könnte; auf die Strategie und nicht auf das Ergebnis fokussieren; den Prozess im Be- wusstsein gestalten, dass das Territorium ständigen Veränderungen unter- worfen ist; den Begriff der Flexibilität in einen komplexen und regulierten Bereich wie die Raumplanung einführen.

Antwerpen: Anlässlich des grossen «Ringland Wave» wird im Mai 2014 medienwirksam eine Flagge an der Autobahn gepflanzt. Bild: Paulien Verlackt


Die bestehenden Planungsinstrumente erlauben es uns nicht, rechtzeitig auf die aktuellen Herausforderungen zu reagieren. Die Welt verändert sich rasant, und sowohl die Klima- wie die Energiekrise zwingen uns zu han- deln, auch wenn wir nicht sicher sind, welchen Weg wir einschlagen sollen. Daher ist es notwendig, das Korsett der Verfahren zu lockern; sie werden durch Gesetze und bürokratische Prozesse geregelt, an denen viele Instan- zen beteiligt sind, ohne dass die Bevölkerung einbezogen wird.
Einige Veränderungen, insbesondere im Bereich der Nutzung des öffent- lichen Raums, wurden mit der Pandemie deutlich, obwohl diese bereits vorher initiiert wurden. Wir stellen fest, dass Fussgängerinnen und Fuss- gänger sowie Fahrräder gegenüber Autos Raum erobert haben, was wie- derum zu einer neuen Wahrnehmung und insbesondere zu einem neuen Verhalten der Gesellschaft geführt hat. 
Ebenso haben wir erkannt, dass die Planung weniger verbindliche und endgültige, sondern flexiblere und vielleicht sogar kostengünstigere Mass- nahmen anwenden kann. Mehr Raum für Experimente und für Kreativität ist notwendig, um auf die aktuellen Herausforderungen zu reagieren. Die Nutzerinnen und Nutzer sollen vermehrt einbezogen werden, damit ihnen die Möglichkeit gegeben wird, in gewisser Weise Teil des Wandels zu sein. Wir verstehen die BSA-Tagung zusammen mit der vorliegenden Publikation als einen weiteren Beitrag des BSA in unserer Reihe über die Instrumente zur Förderung der Baukultur. Wir sind überzeugt, dass die Verfahren so gestaltet sein müssen, dass sie den Bedürfnissen der Zeit entsprechen. Das Gespräch mit den Juristen und Baufachleuten Patrick Bonzanigo und Oliver Streiff sowie die vier hier vorgestellten Fallstudien tragen zu einer Debatte bei, deren Konturen sich erst abzeichnen und die sich noch in einer offenen Entwicklung befindet.