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Partizipation – die Zivilgesellschaft redet mit – werk, edition

Vorwort: Arbeit am Konsens

Unsere Demokratie befindet sich in einem tiefgreifenden Wandel. Am grossen Tisch der Entscheidungsfindung sitzen mehr und mehr Gruppen, die ihre Interessen anmelden und mitreden möchten. Diese neue Ausgangslage erfordert auch in Städtebau und Architektur die Erprobung neuer Instrumente, mit denen die Praxis der Baukultur erweitert wird.

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Anlässlich der BSA-Tagung 2020 in Luzern kamen zahlreiche Ideen und Anregungen für die Gestaltung der Planung zusammen: Die vorgestellten Best-Practice-Beispiele basieren auf verschiedenen Modellen partizipativer Prozesse.

Architektinnen und Architekten leisten in auch diesem Kontext ihren Beitrag. Durch persönliches Engagement, aktives Zuhören und intelligentes Prozessdesign arbeiten sie mit an Projekten, die komplexe Geflechte von Interessen tangieren und deshalb einen gemeinsamen Konsens erfordern. Ihr Wissen um den Raum – seine Entstehung und Wirkung auf den Einzelnen wie auch die Gesellschaft – ist in diesem Zusammenhang von unschätzbarem Wert.

Für das neue Dorfzentrum in Fliess (A) wurde ein Bürgerprozess durchgeführt, in den Kinder und Jugendliche von Anfang an eingebunden waren. Bild: nonconform

Bereits heute gibt es viele mögliche Formen und Formeln, wie partizipative Prozesse ablaufen können – und sie entwickeln sich laufend weiter, da sie einerseits von interdisziplinären Visionen profitieren und andererseits auf den kontinuierlichen Zufluss verschiedenster Fähigkeiten und Kenntnisse aufbauen können. Eine klare Definition der Ziele und die Transparenz über das Verfahren stehen am Anfang jedes Verfahrens. Sie schaffen Vertrauen und ermöglichen den Akteursgruppen, ihre Ideen unvoreingenommen einzubringen. Unabhängig von der Grösse des Projekts ist es wichtig, dass der Prozess stets eine dynamische Entwicklung zulässt. Offene Variablen ermöglichen viele Lösungsansätze, womit wiederum Blockaden verhindert werden können. Die in der vorliegenden Publikation interviewten Fachpersonen bestätigen diesen Befund, ebenso die mit Infografiken dargestellten Fallbeispiele aus Fliess, Luzern, St. Gallen und Zürich.

Die Arbeit im Kontakt mit künftigen Nutzerinnen und Nutzern sollte als ein wesentlicher Teil der Forschung und des Entwurfs betrachtet werden – als ein neues Aktionsfeld für die Baukultur. Indem sie einfach und klar kommunizieren, treten die Architektinnen und Architekten in einen offenen Dialog mit der Gemeinschaft. Es gilt in erster Linie, ihre Sprache, Planwerke, Illustrationen und Modelle für alle am Projekt beteiligten Akteurinnen und Akteure zugänglich und verständlich zu machen. In umgekehrter Richtung ermöglichen die Kenntnisse und die Erfahrung der Gestalterinnen und Gestalter, bisher unbekannte Probleme zu erkennen, die verschiedenen Bedürfnisse einer Gemeinschaft zu bündeln und in Räume zu übersetzen.